Nach dem Besuch in Nordkorea im April ging's im Oktober nach Südkorea


18. Oktober 2016

Wann wird endlich das Beamen erfunden?


Nachdem ich gemeinsam mit einem Freund im Frühjahr bereits Nordkorea bereist habe, brachte eine Freundin vor ein paar Wochen die Idee auf, nach Südkorea zu fliegen. Der Gedanke an einen mehr oder weniger direkten Vergleich beider Länder binnen sechs Monaten reizt mich derart, dass ich mich entschließe, sie zu begleiten und auch meinen Mitreisenden aus dem April kann ich überzeugen. Ein Reiseführer ist schnell besorgt, das Internet befragt und fertig ist die Planung für eine Woche südkoreanischer Highlights.

Nun ist Reisen schön, fremde Länder entdecken spannend und Fliegen toll, aber muss es immer so lange dauern? Um 3.30 klingelt mein Wecker, um 6.15 Uhr hebt der Flieger gen London ab und dort heißt es für uns drei dann viereinhalb Stunden rumsitzen bis es weiter nach Seoul geht, Flugzeit 10:45 - das wird ein verdammt langer Tag. Dafür ist es konkurrenzlos günstig und gar nicht so schlimm wie ich erwartet habe. Eigentlich hatte ich British Airways als eine Art Viehtransport in Erinnerung. Was gibt es Schöneres als wenn sich das als Irrtum herausstellt. Sowohl Service als auch Sitzkomfort bieten keinen Grund zur Klage und unsere Geldbeutel werden geschont.

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19. Oktober 2016

Wie sich die Denkmäler gleichen


Jeder Flug hat irgendwann ein Ende, so auch dieser. Pünktlich um 7.30 Uhr setzen wir auf dem Flughafen Incheon auf, stehen ein wenig Schlange bei der Einreise, was den Vorteil hat, dass unsere Koffer bereits kreisen, als wir am Kofferband ankommen. Am Korailschalter, holen wir unseren Railpass ab und fahren mit dem Airportexpress in die Stadt. Am Bahnhof suchen wir den Ausgang 7, der uns zu unserem Hotel bringen soll, müssen dafür durch eine Sperre, durch die wir nicht sollen, landen an einer weiteren Sperre, für die wir nun aber keine Tickets mehr haben und entkommen hier durch ein Seitentor, das eigentlich für Rollstühle und Sperriges gedacht ist. Um 11 Uhr stehen wir mit schweren Augenlidern an der Rezeption unseres Hotels und werden freundlich darauf hingewiesen, dass Check in erst um 14 Uhr sei. Unsere Vorabanfrage auf vorzeitigen Check in ist unbeantwortet geblieben. Wir dürfen aber schon in unser Zimmer, für 8.800 Won pro Stunde vor 14 Uhr. Mein müdes Hirn formuliert bereits die Hotelbewertung. Raus aus den Klamotten und rein ins Bett, einfach ein paar Stunden schlafen.

Gegen 15 Uhr erheben wir uns bereits wieder. Die Sonne scheint, in Seoul sind es über 20 Grad und wir beginnen das Besichtigungsprogramm mit dem Korea War Memorial, einer Mischung aus Museum und Gedenkstätte zu koreanischen Kriegen mit Schwerpunkt auf dem Koreakrieg (1950-53), der die koreanische Teilung zementierte und offiziell immer noch andauert, da es bis zum heutigen Tage nur ein Waffenstillstandsabkommen, aber keinen Friedensvertrag gibt. Abgesehen von der Tatsache, dass die Teilung des Landes eines der zentralen Elemente in der neueren koreanischen Geschichte ist, ist am War Memorial besonders interessant, dass es in Pjöngjang ein Pendant dazu gibt, das Victorious War Museum. Faszinierend ist, wie sich beide Objekte gleichen, wenngleich der Blickwinkel aus dem "erzählt" wird natürlich gänzlich diametral ist. Sowohl Nord- als auch Südkorea beschwören die Einheit des Landes und werfen der jeweils anderen Seite vor, am Elend der Teilung die Schuld zu haben. Zur Untermalung dienen allerlei Dioramen, sowie Haubitzen, Schiffe und Flugzeuge als Exponate. Zugebenermaßen wirkt das ganze im Süden etwas moderner, insbesondere was den Einsatz moderner Technik betrifft, aber wenn man die Erklärungen und Texte wegließe, könnte man beide Museen austauschen ohne dass jemand das bemerken würde.

Für einen Tag mit Langstreckenflug sind das ganz schön viele Eindrücke und Informationen. Unsere Mägen knurren und auf dem Weg zur Metro kommen wir an einer Straße mit lauter kleinen Restaurants vorbei. Wir wählen eines aus und erleben das erste Highlight der koreanischen Küche, Bulgogi. Wir grillen am Tisch, mit eigener Dunstabzugshaube. Ungeübt in koranischem Essen, hilft uns die Bedienung auf die Sprünge, bis wir das gegrillte Fleisch mit den Beilagen richtig in den dazu gereichten Salatblättern verpacken und uns in den Mund schieben. Die ersten Erlebnisse in Seoul entschädigen somit bereits für den langen Flug. Auf dem Weg zurück in unser Hotel machen wir noch einen Stop am Han River auf der Suche nach der Banpo Brücke die abends hübsch beleuchtete Wasserspiele bieten soll. Eine Brücke finden wir, zwei weitere können wir von ihr aus sehen, allerdings keine Wasserspiele, aber morgen ist ja auch noch ein Abend. Insofern sind wir froh, als wir unser Haupt aufs Kissen betten können. Etwas Chemie soll dabei helfen, dass wir nicht mitten in der Nacht wieder aufwachen und unser Besichtigungsprogramm am nächsten Tag fortsetzen können.



20. Oktober 2016

Metropolenentdeckertag


Knapp 10 Millionen Menschen, etwa ein Fünftel der südkoreanischen Bevölkerung lebt im Großraum Seoul. Die Dimensionen der Stadt sind irgendwie nur schwer vorstellbar, wenn man sich in ihr befindet. Nach Aufstehen und Dusche wird es Zeit für ein Frühstück, wie gut, dass direkt um die Ecke vom Hotel der Namdaemun Markt liegt. Wir stärken uns mit Essbarem in Form von Hotteoks, das kulinarische Highlight Nummer 2 auf dieser Reise und einem Coffee to go und brechen zum Namsan Park auf. Mit der Seilbahn geht es auf den Berg am Fuße des N-Seoul Towers hinauf, die Aussicht ist schön, aber diesig, so dass wir uns das Geld für die Turmauffahrt sparen, man sieht auch von hier "unten" recht gut. Nachdem wir den Berg wieder verlassen haben, ziehen wir ins Stadtzentrum und lassen uns ein wenig treiben, an der Bank of Korea vorbei zum Seoul Plaza an der der moderne Bau des neuen Rathauses das alte Rathaus, in dem sich heute eine Bibliothek befindet, einrahmt. Weiter geht es die Sejong-daero hinab zum Gyeongbokgung-Palast, dem ersten und größten Palast in Seoul. Auf dem Weg dahin laufen wir über eine Art Jobmesse, so ganz erschließt sich uns das nicht, aber es gibt give aways und wir bekommen Erläuterungen zu moderen koreanischen Polizeigefährten. Den Palast besichtigen wir, vielleicht fehlt mir hier einfach der Zugang aber das ganze erinnert mich ein wenig an die Verbotene Stadt in Peking und bestärkt mich in meiner auch für Tempel geltenden Ansicht, kennst Du einen, kennst Du alle. Ausnahmen lasse ich bei Schreinen in Japan gelten.

Dem Palast folgt das Hanok-Dorf Bukchon, das ich mir antiquierter vorgestellt hätte. Wir spazieren ein wenig um die mehr oder weniger alten Häuser und kehren in die Innenstadt zurück, um am Cheonggye spazieren zu gehen, einem renaturierten Flusslauf und damit einer, wenn auch etwas zubetonierten Oase in der Innenstadt. Am Ufer haben wir frittiertes von einem naheliegenden Kiosk als Imbiss zu uns genommen, eine Art Tempura. In Öl gebackenes erfreut sich in Korea scheinbar großer Beliebtheit.

Den Abschluss des Besichtigungstages sollen heute die Wasserspiele an der Banpobrücke bieten. Wir haben uns schlau gemacht, wie wir hinkommen und betreten erwartungsfroh die künstlichen floating islands am Fuss der Brücke. Wirklich schick, was man sich hier so hingebaut hat. Auf die Wasserspiele müssen wir warten, es geht erst um 20 Uhr los, derweil fotografiere ich die Gebäude auf den Inseln. Was dann kommt ist allerdings völlig überbewertet, aus den Brückenseiten spritzt Wasser und wird dabei angeleuchtet. Keine Ahnung ob wir nur einen schlechten Standort haben, alles was ich im Vorfeld gelesen hatte, klang nach einem spektakulären Event, die Realität war jedoch höchst unspektakulär und wir hätten uns den Weg sparen können.

Nach dieser Enttäuschung muss Trost in Form einer weiteren kulinarischen Überraschung her. Wir werden nach einigem Suchen auf dem Namdaemun Markt fündig. Von einer resoluten Dame werden wir zu dritt an einen Zweiertisch gesetzt, Platz ist in der kleinsten Hütte. Wir entscheiden uns für Bibimbap, eine gute Entscheidung, die uns mit den Wasserspielen versöhnt. und beschließen danach noch eine Roof Top Bar im 21. Stock des L7 Hotels aufzusuchen. Bei einem Cocktail genießen wir den Ausblick auf den Namsan Berg. Und als würde es sich um eine Dachbar für angestrengte Touristen handeln, gibt es ein Becken mit heißem Wasser, um die Füße darin zu baden. Herrlich! Der krönende Abschluss eines spannenden Tages.


21. Oktober 2016

Mal ausspannen


Nachdem es gestern etwas später wurde, schlafen wir heute aus, einen Großteil des vorgenommenen Besichtigungsprogramms haben wir auch gestern bereits abgearbeitet, so daß wir einfach liegenbleiben und dann wieder auf dem Namdaemung-Markt frühstücken, Hotteoks sind wirklich köstlich. Unser nächstes Ziel wird die Dongdaemun Design Plaza, die unter anderem von Zaha Hadid gestaltet wurde. Die futuristische Plaza wirkt sehr interessant, hierzu trägt auch die aktuell stattfindende Seoul Fashion Week bei. Es herrscht ein buntes Treiben, vieler durchaus interessant gekleideter Menschen. Es gelingt uns eine Tüte mit Kosmetik gegen das Altern zu ergatten, Models werden allerdings wohl keine mehr aus uns werden.

Der Plaza folgt der gleichnamige Markt, allerlei Läden mit Nähutensilien säumen unseren Weg. Ich erinnere mich, dass man sowas früher bei uns Kurzwaren nannte und es auch entsprechende Geschäfte gab, die mittlerweile aber gänzlich aus dem Straßenbild verschwunden. Hier findet man sie noch, die Kartons mit Knöpfen oder Schlüpfergummis. Wir arbeiten uns zu den Straßen mit den Restaurants vor und finden schließlich ein genehmes. Es gibt wieder Bibimbap und Bibim Naengmyeon. Letzteres lässt sich irgendwie schwer essen. Die Nudeln sind lang, glitschig, mit den Stäbchen schwer zu greifen und schon gar nicht aufzudrehen.... bis ich irgendwann begreife, warum man uns zum Essen eine Küchenschere auf den Tisch gelegt hat. Wenn man mit der ein wenig in der Schale rumfuhrwerkt, lassen sich die Nudeln auch perfekt mit Chopsticks essen. Wieder was dazugelernt.

Wer kennt ihn nicht den Gangnam Style, das Lied von Psy hat Korea und Seoul vermutlich ein Stück bekannter gemacht, und so wollen auch wir uns in Gangnam umsehen, unsere nächste Etappe, mit der Metro geht es quer durch die halbe Stadt. Erste Station wird das Samsung d'light, Koreas Antwort auf den Apple Store, allerdings auch nur hier, im Erdgeschoss der Samsung Zentrale zu finden. Wir bestaunen Kühlschränke in die man von draußen über einen Monitor schauen kann (gut, man könnte auch die Tür öffnen, aber das wäre zu einfach), gecurvete TV-Geräte und 4-D Brillen. Die Achterbahnfahrt auf einem entsprechenden Stuhl mit einer solchen Brille, kommt einem erschreckend realistisch vor.

Wir ziehen weiter zum World Trade Center Seoul und zur Coex Mall, Seouls größtem Unterhaltungskomplex und staunen. Es ist bereits dunkel als wir die Mall wieder verlassen. Wir schwingen uns in den Untergrund und besuchen nochmal den Namsan Berg um die Aussicht über die nächtliche Megacity zu genießen. Es handelt sich im Dunkeln offenbar um ein sehr beliebtes Ausflugsziel, wir sind bei weitem nicht die einzigen, die hier unterwegs sind. Den Berg hinab gehen wir zu Fuß und dann auch gleich weiter zum Hotel. Gegenüber noch schnell ein Stück Kuchen für den Blutzucker und dann schnell ins Bett. Morgen müssen wir früher aufstehen.


22. Oktober 2016

Die Narbe Koreas


Grob um den 38. Breitengrad zieht sich die Narbe Koreas, die sogenannte Demilitarisierte Zone (DMZ), die Korea teilt. Am bekanntesten ist vermutlich Panmunjeom, in den hier befindlichen blauen Baracken fanden Verhandlungen statt, die am 27. Juli 1953 schließlich zum bis heute andauernden Waffenstillstand zwischen den beiden Koreas führten.

Nachdem zwei von uns Nordkorea und auf dieser Reise auch die innerkoreanische Grenze besichtigt haben, haben wir uns entschlossen uns das ganze auch einmal von der Südseite anzuschauen. Es sind nur organisierte Touren möglich. Morgens um 7.30 Uhr werden wir am Hotel abgeholt zu einem zentralen Sammelpunkt und fahren dann mit einem gut gefüllten Reisebus die knapp 60 Kilometer gen Norden ins Grenzgebiet.

Vor der Einfahrt ins Grenzgebiet werden unsere Pässe von einem Soldaten der südkoreanischen Armee kontrolliert. Insgesamt werden wir diesen Kontrollpunkt heute viermal überschreiten, zweimal rein, und zweimal raus. Die Passkontrolle findet jedesmal statt.

Erster Stop ist der dritte Infiltrationstunnel, einer von vier Tunneln, die von nördlicher Seite nach Süden gegraben worden sind, vermutlich, um Soldaten, Spione, Terroristen oder was auch immer in den Süden zu schicken. Dieser Tunnel wurde 1987 entdeckt, wir fahren mit einer Art Bergbahn in den feuchten Felsen hinab. Fotografieren ist verboten. Gebückt marschieren wir den Tunnel entlang, gelbe Kreise an den Wänden markieren, wo die Sprengladungen steckten, um den Fels zu sprengen. Schließlich gucken wir durch ein Loch in der Wand zu einer Metalltür, hinter der dann nordkoreanischer Boden anfängt. So weit, so unspektakulär.

Nervig ist dafür die koreanische Reiseleiterin, die versucht mit schriller Stimme ihre Schäfchen zusammenzuhalten und alles was sie sagt mindestens dreimal wiederholt. Sie schafft es auch öfter. Überhaupt ist der ganze Ausflug von großem Zeitdruck geprägt, so groß, dass Pausen minutengenau angesagt werden und auch mal bis 17 nach dauern können. Toilettenbesuche müssen im Galopp vorgenommen werden. Dem Tunnel folgt das Dora Obervatorium, eine große Plattform auf einem Hügel, die den Blick in den Norden bis nach Kaesong ermöglicht. Leider ist es diesig. Durch die aufgestellten Ferngläser lässt sich die Kim Il Sung und Kim Jong Il Statue in Kaesong erkennen. Vor einem halben Jahr bin ich hier noch vorbeigefahren und hatte Mittagessen in Kaesong, nach dem DMZ Besuch von Norden her.

In Kaesong befindet sich auch die mittlerweile nicht mehr in Betrieb seiende Sonderwirtschaftszone in der nordkoreanische Arbeiter gegen Devisen für die südkoreanische Industrie schufteten. Nachdem die innerkoreanischen Beziehungen seit 2013 aber wieder auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt sind, ist dieses Projekt bis auf weiteres auf Eis gelegt.

Pünktlich werden wir wieder in unseren Bus getrieben und setzen die Fahrt zur Dorasan Station fort. "Nicht der letzte Bahnhof im Süden, sondern der erste nach Norden", wie ein großes Plakat des Ministeriums für Vereinigung wirbt. Der Bahnhof wurde in besseren Zeiten eröffnet (2007) um Güter in die Sonderwirtschaftszone zu bringen und in der Hoffnung, hier auch einmal Personen zu befördern. Alle Einrichtungen hierfür sind vorhanden. Die Hoffnung starb aber schnell, bereits 2008 wurde der Bahnverkehr von nordkoreanischer Seite wieder still gelegt. Ein Gedenkstein erinnert an einen Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck ("Freiheit"...), ein Stück Berliner Mauer an die deutsche Teilung, ebenso wie eine kleine Ausstellung.

Im Gegensatz zu Korea konnte man sich - zumindest in einer Richtung - in der Zeit der deutschen Teilung besuchen, das Fernsehprogramm des jeweils anderen Deutschlands empfangen und hatte eine ungefähre gegenseitige Vorstellung. Durch die Isolation Nordkoreas, wächst hier bereits die dritte gehirngewaschene Generation in der Annahme auf, im besten Land der Welt zu leben.

Im Süden hingegen interessiert man sich eher wenig für den Norden, zwar propagiert man den Wunsch nach Wiedervereinigung, wie im Norden auch, hat aber Angst davor, aufgrund der zu erwartenden enormen Kosten bei einem Zusammenbruch des Systems. Man hat das ganze nach der deutschen Wiedervereinigung mal durchgerechnet und hat seitdem nichts mehr dagegen, dass alles bleibt, wie es ist.

Vor dem Mittagessen steht noch die Bridge of Freedom in Imjingak auf dem Programm, hier können wir noch einen Blick in die demilitarisierte Zone werfen, dann gibt es 60 Minuten für Bulgogi und Toilettengang.

Gestärkt geht es ins Camp Bonifas, den Stützpunkt der UNCMAC - nach einer weiteren Passkontrolle, diesmal mit Abhaken auf einer einer Liste - gehen wir ins Visitor Center und hören einen Vortrag über die sogenannte Joint Security Area, unterschreiben ein Papier, in dem wir Korea, die Amerikaner und wen nicht noch alles von jeglicher Haftung entbinden, falls uns jemand erschießt oder uns sonstwas zustößt. Dann besteigen wir einen neuen Bus und fahren begleitet von einem martialisch dreinblickenden Soldaten ins Zentrum der JSA an die Grenzlinie zu Nordkorea. Mein Kumpel muss seine rote Adidasjacke ausziehen, die Frage nach dem warum bleibt unbeantwortet, so seien die Regeln. Flipflops und zerlöchterte Jeans wären auch verboten gewesen, für eventuelle Flipflopträger hatte man sogar Ersatzschuhe an Bord, von Ersatzjeans war nicht die Rede

Durch das sogenannte Freedom House geht es zur Demarkationslinie, Fotos dürfen nur nach vorn, also in Richtung Norden gemacht werden, alle Soldaten um uns herum tragen Sonnenbrillen, wohl damit sie vom Norden aus nicht identifiziert werden können und man macht ein ziemliches Gewese. Die Zeit ist auch limitiert, wir müssen in Zweierreihen Aufstellung nehmen, dann wird eine Gruppe in die mittlere blaue Hütte geführt, während die andere die Szene fotografieren darf, nach 5 Minuten wird gewechselt. Im Panmun-gak auf nordkoreanischer Seite betreten 6 Volksarmisten den Balkon und schauen interessiert. Die Kameras klicken.

Auf eben diesem Balkon auf der anderen Seite stand ich auch sechs Monate zuvor bereits und muss sagen, dort war es entspannter. Im Norden gab es mehr Zeit, keine Fotografierverbote - also an dieser Stelle - und irgendwelche Erklärungen zum Thema Gefahr an Leib und Leben mussten auch nicht unterschrieben werden. Wer hätte die Koreanische Demokratische Volksrepublik auch verklagen wollen. Ebensowenig stellten Adidas Jacken oder Flipflops ein Problem dar. Die Zweierreihenaufstellung gab es allerdings auch im Norden und natürlich allerlei Spitzen gegen die amerikanischen Schurken und die bösen südkoreanischen Marionetten.

Ruckzuck ist alles vorbei, wir fahren mit dem UN Bus erst zurück zum Visitor Center, dürfen noch Souvenirs kaufen und dann zurück nach Seoul. Wir holen die Koffer aus dem Hotel und laufen zum Bahnhof, essen an einem riesengroßen Foodcourt zu Abend und besteigen den KTX um 19 Uhr nach Busan. Leider sind wir zuerst am falschen Ende und müssen auf der Suche nach dem richtigen Wagen noch einmal komplett am Zug entlangjoggen, somit wäre das Sportprogramm für heute auch absolviert. Nach 2:45 Stunden haben wir die 330 Kilometer Luftlinie zwischen Koreas Nordwesten und Südosten zurückgelegt und sind am japanischen Meer.

Zu unserem Hotel am Haeundae Beach müssen wir recht lange mit U-Bahn fahren. Als wir die Station verlassen, kommen wir uns vor, wie in einer Mischung zwischen Reeperbahn und Miami Beach. Viele Leute sind unterwegs, es wird gefeiert. Wir stellen unser Gepäck ab, holen Bier und gehen an den Strand, das Wasser ist warm, wir geießen die gute Stimmung, kaufen frittierte Shrimps und Gimbap an Straßenkiosken und lassen uns treiben. Es wird wieder spät, aber wir haben ja Ferien.


23. Oktober 2016

Überall Fisch


Wer abends feiert, darf morgens etwas länger schlafen. Wir frühstücken bei Starbucks mit Meerblick, packen unsere Sachen wieder zusammen und ziehen für die nächsten beiden Nächte in ein zentraleres Hotel. Die Nacht in Haeundae war nur des Strandes wegen geplant. Busan ist recht weitläufig und die U-Bahn Fahrten dauern. Unterwegs an einem Strassenstand probieren wir undefinierbares in roter Soße. Das Essen sieht ein wenig aus wie Schillerlocken, ein wenig Glibber ist auch dabei. Da uns dieses Gericht an jeder Straßenecke begegnet, wollten wir nun ergründen was es ist. Es schmeckt, nunja, interessant. Ich finde den Glibber noch am besten. Wir finden späer im Internet heraus, dass es sich wohl um Fischkuchen (Tteokbokki) handelt. Im neuen Hotel sind wir um 13 Uhr, Check in ist erst um 14 Uhr. Es scheint, in Korea ist man hier etwas piefig. Wir deponieren das Gepäck.

Unser erster Besichtigungspunkt ist das Gamcheon Cultural Village. Erst geht es mit der U-Bahn los und dann weiter mit dem Bus. Gott sei Dank, denn der Stadtteil mit den bunten Häuschen und der schönen Aussicht liegt auf einem Berg. Wir genießen die Aussicht, es sind viele Menschen hier unterwegs. Die Koreaner machen allenthalben Selfies, überhaupt habe ich noch nirgends so viele Menschen dauerhaft auf ihr Smartphone starren sehen. Wer glaubt, das sei bei uns schon schlimm, war nie in Korea.

Eine Garküche lockt mit fritiertem Hühnchen, eine weitere omnipräsente Spezialiät, dafür finden wir keine Hotteoks mehr. Den Berg runter gehen wir zu Fuss und landen direkt am Jagalchi Fischmarkt am Wasser. Der Markt hat eine beeindruckende Größe, der Fisch ist frisch, denn er riecht nicht und es ist richtig was los. Wir lassen uns treiben und sehen viel bekanntes und unbekanntes Meeresgetier. Man kann den Fisch erwerben und direkt in einer Garküche zubereiten lassen. Am interessantesten sehen die pulsierenden Igelwürmer aus, die auch als Sea Penis bezeichnet werden. Man braucht ein wenig, bis man seinen Blick wieder davon lassen kann. Hier verzichten wir auf das probieren. Stattdessen gehen wir rein und sehen Menschen Sashimi essen, wir wollen auch und nehmen Platz. Es ist ausgesprochen lecker.

Nach so viel Besichtigen steht jetzt Shopping auf dem Programm, die Lotte Mall wartet auf uns und das schöne ist, sie hat einen Dachgarten mit Aussichtsdeck im 12. Stock. Der Blick ist großartig. Ich mache ein paar Bilder, nach Einbruch der Dunkelheit wollen wir nochmal wiederkommen.

Als hätten wir noch nicht genug gegessen, fahren wir als erstes hinunter zum foodcourt. Am Hana yaki stand können wir nicht vorbei, es handelt sich scheinbar um eine Abwandlung japanischen Okonomiyakis und sieht so lecker aus, dass wir bestellen. Es sieht nicht nur lecker aus.

Mitbringsel werden eingekauft, dann zieht es die Dame unter uns zu den Handtaschen. Da mich diese weniger interessieren, fahre ich schonmal vor aufs Dach und klappe das Stativ aus. Ein großartiger Platz für schöne Fotos von Busan und seiner an die Köhlbrandbrücke erinnernden Habour Bridge.

Bevor es ins Hotel geht, spazieren wir noch zum Busan Tower, eine Auffahrt erübrigt sich, die Aussicht von der Lotte Mall war bereits bestens.


24. Oktober 2016

Tempeltag


Heute steigen wir mal wieder etwas früher aus unserem Bett, wir wollen einen Ausflug zum Bulguksa Tempel machen und nehmen den KTX um 9.50 Uhr. Siebenundzwanzig Minuten später sind wir in Singyeongju, dem mitten in die Pampa gebauten Schnellzugbahnhof der Stadt Gyeongju. Der 700er Bus bringt uns nach einer Stunde Fahrt zum Tempel. Herbstlich gefärbte Bäume umgeben die UNESCO Weltkulturerbeanlage, die wir besichtigen bevor wir uns überlegen, ob wir zu Fuss den Berg zur Seokguramgrotte hinaufsteigen wollen. Es gibt aber auch einen Bus. Von oben soll man das Meer sehen können. Der Ausblick fixt uns an, die weiteren 1,2km auf den Gipfel des Tohamsan noch hinaufzusteigen, statt den Granitbuddha in der Grotte anzuschauen. Es geht steil bergauf. Die Koreaner um uns herum tragen alle Funktionskleidung und haben Stöcke dabei. Wir schnaufen so den Berg rauf und stellen am Gipfel fest, es hat sich gelohnt. Uns bietet sich ein wunderbarer Rundumblick.

Nach rauf kommt runter. Bis zum Bulguksa Tempel hinab sind es 3 Kilometer, wir verzichten auf den Bus und wandern heiter bergab. Gegenüber vom Tempel ist eine Art Dorf, ich habe hier morgen bereits meine Postkarten in einen Briefkasten geworfen. Die Anlage mag eventuellen Touristenmassen geschuldet sein, heute ist sie aber ziemlich tot. Wir sind die einzigen Gäste bei zwei Mütterchen, die uns Bibimbap kochen, sie tun dies schweigsam und sprechen nur, wenn draußen andere Menschen (2) auftauchen, um diese in ihr Lokal zu locken. Das Essen ist lecker, aber sonst ist hier nichts los.

Auf den Bus zum Bahnhof müssen wir länger warten. Dafür geht schnell ein KTX, die Taktfrequenz von teilweise 10 Minuten ist unglaublich, das stelle man sich mal für den ICE von Hamburg nach München vor. Um 19.30 Uhr sind wir wieder in Busan. Meine Mitreisenden haben Hunger auf Süßes und streunen durch die Straßen. Ich lege mich mit meinem iPad ins Bett und schaue "Inside Nordkorea", eine Doku in der ARD Mediathek, die sehr sehenswert ist.


25. Oktober 2016

Finale


Die Zeit im Urlaub vergeht schnell. Morgen sollen wir bereits wieder nach Hause fliegen. Wir schlafen noch einmal aus, packen unsere Sachen, gehen frühstücken und besteigen die U-Bahn zum Bahnhof von Busan.

Ein letzter Blick auf die Harbour Bridge, um 12.20 Uhr fährt unser KTX nach Seoul. Bei Tageslicht können wir auf der Zugfahrt jetzt einen Blick auf die koreanische Landschaft erhaschen, wenn wir nicht gerade durch einen der zahlreichen Tunnel fahren. Es ist ein sehr bergiges Land. In Seoul geht es mit dem Airport Express nach Gyeyang und dann noch 27 Stationen mit der U-Bahn zum Central Park in Songdo, Incheon, nicht weit vom Flughafen. Eine Planstadt auf einem Polder als Wirtschafts- Finanz- und Kongresszentrum, die schöne Fotomotive bietet, vor allem im Dunkeln.

Allein der Ausblick aus dem 15. Stock unseres Hotels ist schwer beeindruckend, mindestens ebenso beeindruckend ist die freistehende Badewanne mit Luftdüsen im Zimmer.

Als erstes erkundigen wir uns nach einem Postamt, denn im Hotel kann man keine Postkarten abgeben. Es ist ein Stück zu laufen, aber machbar, wir suchen eh noch ein Restaurant für das Abschiedsessen. Am liebsten nochmal Bulgogi am Tischgrill.So schlendern wir am Tribowl vorbei durch einen Park in der futuristischen Metropole, erst zur Post und schließlich in ein nettes Restaurant, um ein letztes Mal koreanisch zu speisen. Es liegt ein spannender Urlaub hinter uns, Südkorea ist definitiv eine Reise wert, der Vergleich Nord-Süd erhöht die Spannung noch ein wenig und es gibt mehr zu sehen als wir in einer Woche geschafft haben.

Auch kulinarisch ist die Republik ein echtes Erlebnis, gesund und lecker. Es gibt noch viel zu probieren, vielleicht komme ich einfach nochmal wieder.

Als Verdauungsspaziergang setze ich Songdo vor dem Objektiv meiner Kamera noch ein wenig in Szene, bevor ich meinen Koffer für den morgigen Heimflug packe.


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